Es gibt Dinge, die erwartet der Kunde. Fehlen sie, ist der Kunde enttäuscht – so die landläufige Meinung. Mein Personal Fitness Coach Ricardo ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass das nicht stimmen muss. Und dass sich Einwände mit guter Argumentation hervorragend behandeln lassen.
Meine Erwartungen an ein Fitnessstudio
Als ich 2015 mit meiner Familie einige Wochen auf Teneriffa verbrachte, suchte ich dort nach einem Fitnessstudio. Dabei dachte ich natürlich an eines mit Geräten und Gewichten. Bei einem Erkundungsspaziergang durch unseren Wohnort La Orotava entdeckte ich die Fensterbeschriftung „Fitness Center RH“ und wurde neugierig. Doch der Blick in das Studio war enttäuschend. Ein winziger Raum, keine Geräte oder Hanteln. Doch es war gerade ein Kurs mit ca. 6 Personen und einem sympathischen Trainer, der mich auch gleich ansprach.
Einige Wochen später sollte ich körperlich fitter und um einige Tipps zum Thema Marketing & Vertrieb reicher sein.
Das Erstgespräch mit Neukunden
Nachdem ich einige Sekunden den Raum inspizierte, kam der Trainer Ricardo auf mich zu:
„Hola, hast du Lust auf Fitness?“
Das folgende Gespräch war ein Lehrstück der Einwandbehandlung. Im Wesentlichen hatte ich 3, die für mich eigentlich alle K.O. Kriterien waren. Meine Einwände:
- Das Studio war mir viel zu klein
- Es gab keine Geräte oder Gewichte
- Statt freies Training gab es nur Kurse
In meinem Fitnessstudio in Deutschland habe ich in 8 Jahren noch keinen einzigen Kurs besucht. Ich will eigentlich selbst entscheiden, wann und was und wie lange ich trainiere.
Ricardos Einwandbehandlung:
- Wir haben hier im Studio nur Klein-Gruppen mit maximal 7 Teilnehmern. So kann ich optimal auf dich eingehen. Was sind deine Trainingsziele?
- Wir haben hier keine Geräte. Wir machen alles mit dem Körper. Mit Geräten die Muskeln aufzupumpen, ist wie in einem Ferrari einen Fiat-Motor einzubauen. Du wirst sehen, Functional Training ist viel effektiver und macht mehr Spaß.
- Du kannst natürlich immer spontan entscheiden, wann du welchen Kurs besuchst. Aber die meisten Mitglieder schätzen es, feste Tage und Zeiten zu haben, weil regelmäßiges Training dann zur Gewohnheit wird. Welche Tage passen für dich am besten?
Wow. Er gab mir seine Karte und meinte ich solle ihm doch einfach mal eine WhatsApp schicken. Dann kann ich gerne mal ins Probetraining kommen und kostenlos an einem Kurs kennen teilnehmen.
Neukunden gewinnen
Einige Zeit später habe ich Ricardo abends in einer Bar interviewt. Er erzählte mir, dass 98% nach dem Probetraining bleiben. Nach einer Stunde Training, Schweiß, Lachen, Musik und Glücksgefühlen sagt niemand, dass es ihm nicht gefallen hat.
Das Kommunikationsmedium Nummer 1 für ihn ist WhatsApp. Durchschnittlich bekommt er 120 am Tag. Wichtig gerade beim Kontakt mit neuen Interessenten ist, sofort zu antworten und sich an ein persönliches Detail zu erinnern, z.B. an das Trainingsziel. Ricardo hat ein ausgeprägtes Interesse für Menschen, was dabei extrem hilfreich ist.
Kundenbeziehung aufbauen
Persönliche Beziehung und Muskeln haben eines gemeinsam: je mehr und intensiver die Impulse, desto stärker werden sie. Neben den Trainingszielen erinnert sich Ricardo an zahlreiche Details seiner Mitglieder:
- Wie geht es dem Muskelkater im Rücken?
- Schmerzt dein Außenband noch?
- Wie war dein Ausflug?
Mit seinen Fragen erfährt Ricardo auch, ob jemand gerade unzufrieden ist, weil z.B. der Trainingserfolg stagniert. Mit Musik, einem ansteckenden Lächeln und einem intensiven Trainingsprogramm holt er die Leute sofort aus dem Alltag in eine andere Welt. So bleibt die Motivation hoch, regelmäßig ins Training zu kommen. Denn mit jedem Training steigt der Trainingserfolg – die beste Prävention dafür, dass sich Mitglieder abmelden.
Abwechslungsreiche Trainingstechniken, Gruppenerlebnis und ein Training, bei dem man jedes Mal alles aus sich rausholt, sorgen dafür, dass die meisten Neumitglieder aufgrund von Empfehlungen kommen.
Empfehlungen werden mündlich gegeben. Aber auch über Facebook. Dort hat er aktuell
575 Fans auf Facebook
Weit mehr als er Mitglieder hat. Gepostet wird lustiges, motivierendes und interessantes aus der Welt des Sports. Aber auch persönliche Trainingserfolge von Mitgliedern, festgehalten in Beiträgen, Bildern und Videos aus den Kursen. Viele davon geteilt von Mitgliedern.
Sein soziales Netz ist dabei nicht nur digital. Einmal sprach ich ihn darauf an, dass er vor seinem Studio im Halteverbot parkt. Den ironischen Kommentar nicht verstehend sagte er nur:
„Macht nichts, die örtliche Polizei trainiere ich auch“.
Man muss ihn einfach lieben. Oder auch hassen. Denn seinen Beinamen, den ich ihm gab: „El tormentador“ (Mischung aus Terminator und Foltermeister) hat er sich redlich verdient.